Anlass und Ziele
Mit der Klimaschutznovelle im Jahr 2011 wurde der Klimaschutz und die Klimaanpassung ins Baugesetzbuch aufgenommen. Ziel in Neubaugebieten ist es, den Energiebedarf durch den Einsatz erneuerbarer Energien, CO2-minimierter Heizsysteme und/oder durch die Nutzung von Wärmenetzen (z.B. kalte Nahwärme oder Nahwärme aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen) zu minimieren. Auch die Bundesregierung forciert einen klimaneutralen Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 und hat dazu die „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ auf den Weg gebracht.
Mit der Entwicklung eines beispielsweise erneuerbaren Nahwärmenetzes im Neubaugebiet „Links den Zwanzig Morgen“ und somit einem Verzicht auf fossile Energieträger, kann eine erhebliche Kohlendioxid-Reduktion erreicht werden. In dessen Folge ein Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand geleistet werden kann. Das Ziel ist es zudem, mit diesem Schritt ein wegweisendes Zeichen nicht nur innerhalb der Verbandsgemeinde Wörrstadt, sondern auch für Rheinland-Pfalz zu setzen. Des Weiteren sollen von Beginn an alle betroffenen Akteure mit eingebunden werden, um eine hohe Anschlussquote an das Wärmenetz zu erreichen.
Projektbeschreibung
In der Ratssitzung vom 18.05.2020 wurde die Erstellung einer Machbarkeitsstudie zur Evaluation einer modernen und innovativen Wärmeversorgung für das Neubaugebiet beschlossen und zeitnah mit der Bearbeitung begonnen.
Im Rahmen der Konzeptarbeiten wurde die Ortsgemeinde Gabsheim u.a. durch Veranstaltungen der Energieagentur Rheinland-Pfalz, mit den Möglichkeiten einer klimaneutralen Versorgung z.B. in Form einer kalten Nahwärmetechnik, vertraut. Viele weitere Informationen wurden durch den Bearbeiter des Konzeptes, die endura kommunal GmbH, weitergegeben.
Bei der Ergebnisvorstellung der Durchführbarkeitsstudie vor dem Ortsgemeinderat am 02.09.2021 ergab sich, dass keine gemeinsame Nahwärmeversorgung des Neubaugebiets „Links den Zwanzig Morgen“ wirtschaftlich durchführbar ist, da die Umlage der Investitionskosten eine Erhöhung der Grundstückspreise um ca. 100 €/m² mit sich ziehen würde. Dennoch wurden als Handlungsempfehlungen für das Baugebiet „Links den Zwanzig Mogen“ folgende Punkte ausgesprochen:
- Vorschreibung eines Mindestdämmstandards im Baugebiet: Der gesetzliche Mindeststandard ist veraltet und sollte durch eine strengere Vorgabe ersetzt werden. Das Vorschreiben eines Mindestdämmstandards ist im Bebauungsplan nicht möglich, kann jedoch in einem städtebaulichen Kaufvertrag oder Grundstückskaufvertrag verankert werden. Als Mindestdämmstandard empfehlen wir einen Gebäudehüllenstandard vergleichbar zum Effizienzhaus KfW 55 Standard.
- Festsetzung zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie und Verpflichtung zur aktiven Solarenergienutzung. Die Bereitstellung von elektrischer Energie durch Photovoltaik ist der wichtigste Bestandteil einer zukunftsfähigen Energieinfrastruktur im Baugebiet. Die Bauverpflichtung der Photovoltaik kann im Bebauungsplan festgesetzt werden.
- Informationsangebote für die Bauenden und Förderangebote zu möglichen Heizungstechnologien im Neubaugebiet: Wir empfehlen Informationsangebote für die Bauenden zu Wärmepumpen und möglichen effizienten Wärmequellen (Erdsonden, Erdkollektoren). Ebenso bietet sich ein kommunales Fördermittel an, um eine Lenkung der Technologiewahl zu erzielen.
- Festsetzung eines Verbrennungsverbots von fossilen Energieträgern zur Energieversorgung der Gebäude im Baugebiet.
Im Rahmen einer Sondersitzung am 25.10.2021 zum Energiekonzept des Neubaugebiets wurden grundlegende Regulationen festgelegt, um ein nahezu klimaneutrales Neubaugebiet umsetzen zu können. Zu den forcierten Maßnahmen gehört der Ausschluss fossiler Energien zu Heizzwecken, was dem Schutz vor schädlichen Umweltauswirkungen vorbeugen soll. In Folge dessen werden exklusive Beratungsangebote und lokale Förderungen durch die Orts- und Verbandsgemeinde in Kombination mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz angeboten. Dies soll dazu beitragen, eine möglichst individuelle und klimaschonende Wärmeversorgung der Neubauten zu ermöglichen. Weiterhin entschied man sich zu einer Nutzungsverpflichtung für Photovoltaik in Kombination mit Dachbegrünung. Auf diese Weise kann zum einen ein angenehmes Mikroklima gefördert, als auch die passive Stromgeneration sichergestellt werden. Weitere positive Auswirkungen auf das Mikroklima erwartet man sich von einer Naturgärtenpflicht. Um dem zukünftig größer werdenden Bedarf an Elektroladestationen gerecht zu werden, werden bereits bei der Erschließung des Neubaugebiets Leerrohre für die spätere Ladeinfrastruktur gezogen. Dennoch soll das Aufgebot des individuellen Personennahverkehrs durch Autos weiter reduziert werden. Damit die Voraussetzungen für eine Abnahme der vermeidbaren Fahrten durch Inanspruchnahme gegebener Alternativen bestehen, werden öffentliche Stellplätze für Fahr- und Lastenräder mit in den Plan des Neubaugebiets aufgenommen. Gleichzeitig ist es sehr wichtig den Fuß- und Radverkehr sowie den öffentlichen Nahverkehr zu fördern und neue Mobilitätsformen wie Car-Sharing attraktiver zu gestalten. Denn die Förderung nachhaltiger Mobilität im Neubaugebiet kann Emissionen wie CO₂, Lärm und Feinstaub senken.
Ein weiteres Anliegen in Folge der Konzepterstellung eines Neubaugebiets ist der bewilligte und sich derzeit in der Ausschreibungs- / Vergabephase befindliche Antrag der Verbandsgemeinde Wörrstadt an das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) zur Erstellung eines Handbuchs für Kommunen mit dem Thema: Klimaschutz, Energie und Klimawandelanpassung in Bebauungsplänen. Das Handbuch soll besonders kleineren Kommunen mit geringen finanziellen Mitteln einen Anhaltspunkt bieten, wie der Klimaschutz bei zukünftig geplanten Gebietsneuerschließungen besser realisiert werden kann. Auf diese Weise soll ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung beigesteuert werden.