Anlass und Ziele
In touristisch geprägten Orten, Stadtzentren sowie in verdichteten Quartieren sind viele Nutzer*innen auf öffentliche Ladestationen angewiesen. Cochem verzeichnet jährlich 2 Mio. Tagestouristen und 200.000 Übernachtungen, hatte aber bislang nur eine öffentliche Ladestation. Diese war in der Saison fast ständig belegt, weshalb mit dem Bau von zehn Ladestationen zur Entschärfung der Situation beigetragen werden sollte.
Projektbeschreibung
Ursprünglich hatte die Kreisverwaltung beabsichtigt, zwei Normal-Ladepunkte und einen Schnell-Ladepunkt zu errichten, während die Stadt Cochem die Errichtung von 20 Normal-Ladepunkten beabsichtigte. Durch die kurzfristige Veröffentlichung der Förderaufrufe (5. und 6. Förderaufruf des BMVI im Jahr 2020), konnten aber im Vorfeld keine genauen Kosten ermittelt werden. Nachdem konkretere Netzanschlusskosten und die Ergebnisse einer Elektro-Fachplanung vorlagen, beschlossen die politischen Gremien einen Kompromiss, wonach gemeinsam zehn Normal-Ladepunkte (22 kW AC) an einem Standort errichtet wurden, die vollständig mit Ökostrom betrieben werden. Hierbei gehören 7 Wallboxen der Stadt und 3 Wallboxen der Kreisverwaltung. Insgesamt wurden die Gesamtkosten von rund 137.000 € etwa zu 62 % von der Stadt Cochem, zu 25 % von der Kreisverwaltung und zu 13 % vom Fördergeber getragen. Zwar wurde eine Förderquote von bis zu 40 % beantragt, aber die Auswahlverfahren konnte man nur mit den kostengünstigsten Ladepunkten je kW gewinnen und die Fachplanung ist nicht förderfähig. Zudem betrug die maximale Fördersumme von Niederspannungs-Netzanschlüssen 5.000 €, wohingegen die tatsächlichen Kosten für den 110m langen Netzanschluss bei rund 35.000 € lagen. Ursprünglich sollte ein Mittelspannungs-Netzanschluss realisiert werden, wofür eine Fördersumme von 50.000 € bewilligt wurde. Allerdings wären hierfür eine Spülbohrung unter den Cochemer Bahnhof und ein Mittelspannungs-Trafo als Kundenanlage nötig gewesen, was weit über 100.000 € gekostet hätte. Nun wurden von einem vorhandenen Trafo 220 kW zur Verfügung gestellt, wofür eine Bahnunterführung genutzt werden konnte. Ursprünglich eingeplante alternative Standorte wurden aufgrund der Hochwassergefahr, sehr hohen Tiefbaukosten oder begrenzten Netzkapazitäten verworfen. Es wurde eingeplant, die Anzahl der Ladepunkte perspektivisch an dem Standort verdoppeln zu können, indem die 220 kW über ein Lastmanagement auf 20 Ladepunkte aufgeteilt werden.
Um im laufenden Betrieb möglichst wenig Aufwand zu haben und keinen Betrieb gewerblicher Art gründen zu müssen, wurden sämtliche Dienstleistungen rund um den laufenden Betrieb an einen Dienstleister abgegeben. Hierzu zählen beispielsweise die Stromlieferung, die Freischaltung und Abrechnung der Ladevorgänge mit den Nutzern in Roaming-Verbünden mit anderen Betreibern (Spontanladen, Ladekarten und Apps), die telefonische 24/7-Nutzerhotline und die vorschriftsgemäße Wartung. Die Stadt Cochem und die Kreisverwaltung haben lediglich die Ladestationen in ihre Versicherungen aufgenommen und Buchungsstellen für laufende Kosten und Einnahmen angelegt.
Empfehlungen
- Ladesäulen können unter Umständen kostengünstiger als Wallboxen sein, da dort bereits technische Komponenten enthalten sind, welche bei Wallboxen im Multimediaschrank ausgelagert werden. Anders ist dies, wenn öffentliche Gebäude mit vorhandenen Zählerschränken in der Nähe sind.
- In vielen Fällen kann auf eine kostspielige Elektro-Fachplanung verzichtet werden, beispielsweise wenn nur eine Standard-Ladesäule mit zwei Anschlüssen aufgestellt wird. Elektro-Fachbetriebe können ebenfalls die Installationskosten berechnen. Hierbei sollte darauf hingewiesen werden, dass bei öffentlichen Ladestationen ein Überspannungsschutz erforderlich ist.
- Den Entscheidungsträgern sollte bewusst sein, dass in vielen Orten durch Unternehmen keine Ladeinfrastruktur aufgebaut wird und somit nur Abhilfe geschaffen werden kann, wenn die Kommunen selbst Mittel bereitstellen und tätig werden. Auch wenn Ladeinfrastruktur oftmals nicht wirtschaftlich ist, ist sie wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge, Tourismus- und Wirtschaftsförderung, insbesondere in Quartieren, in denen private Ladestationen an Wohngebäuden nicht installiert werden können oder nicht ausreichen (z.B. durch Tourismus, Laternenparken oder Hochwassergefahr). Viele Kommunen haben Sorge, einen Betrieb gewerblicher Art gründen zu müssen, um den Betrieb und die Einnahmen abwickeln zu können. Wenn alle Dienstleistungen an externe Betreiber abgegeben werden, ist dies aber unproblematisch, zumal meist nur ein kleiner Anteil der Einnahmen aus den Ladevorgängen an die Kommunen weitergeleitet wird (z.B. 10 %).
- Eine Kostenberechnung sollte idealerweise vor Förderantragstellung vorhanden sein. Da der Fördergeber oftmals ohne Ankündigung Förderaufrufe mit kurzer Frist veröffentlicht und meist auch Kontingente und Auswahlverfahren angewandt werden, wurden die Kosten hier nur grob geschätzt. Auch die Ermittlung der Netzanschlusskosten durch die Netzbetreiber kann sich lange hinziehen, insbesondere wenn diese für verschiedene Standorte ermittelt werden, um beispielsweise einen Standort zu finden, bei welchem man auf einen neuen Mittelspannungs-Trafo oder auf lange Leitungswege mit aufwändigem Tiefbau verzichten kann.
- Die Zuständigkeiten bei den Verbandsgemeinden sollten schon früh definiert werden.
- In der Regel reicht bei Normal-Ladestationen eine Leistung von 11 kW (AC) je Ladepunkt aus, zumal ohnehin nur wenige Modelle mit 22 kW (AC) laden können. An manchen Standorten sind aber Schnell-Ladestationen mit mindestens 50 kW, besser 150-300 kW (DC) erforderlich.