Anlass und Ziele
Die BBS Betzdorf-Kirchen wurde zuletzt durch drei Erdgaskessel (930 kW, 349 kW, 150 kW) versorgt, die bereits deutlich über 30 Jahre alt waren. Aufgrund des hohen Alters und der Überdimensionierung der Kessel war das Heizsystem ineffizient und sanierungsbedürftig.
Hintergrund der Projektidee war das große Holzpotential des Landkreises Altenkirchen. Mit einem Waldanteil von über 50 % ist Altenkirchen einer der waldreichsten Landkreise in Rheinland-Pfalz. Die Mobilisierung dieses Energiepotentials wurde im Zuge der Erstellung des Klimaschutzkonzepts als eine wichtige Säule zur Erreichung der gesetzten Klimaschutzziele festgelegt. Da die regionale Holzproduktion die aktuelle Nutzung übersteigt und der erneuerbare Brennstoff Holz somit regional in hohem Maße zur Verfügung steht, können lange Transportwege vermieden werden. Deshalb wird die Holznutzung zu Heizzwecken im Landkreis Altenkirchen als eine besonders nachhaltige Klimaschutzmaßnahme erachtet. Der Landkreis sieht sich hier in einer Vorbildfunktion, um dem Bürger und insbesondere den Unternehmen die ökologischen und ökonomischen Potenziale der energetischen Holznutzung aus regionalen Beständen bewusst zu machen.
Die Maßnahme an der BBS Betzdorf-Kirchen stand im direkten Zusammenhang mit dem integrierten Klimaschutzkonzept des Kreises und hat zum Ziel, die Energieeffizienz in den kreiseigenen Gebäuden zu verbessern und dadurch die Treibhausgasemissionen im Bereich der Wärmeversorgung an der Liegenschaft um über 80 % zu reduzieren.
Projektbeschreibung
Neue Heiztechnik im Nahwärmeverbund
Der Wärmebedarf des Schulkomplexes der BBS Betzdorf-Kirchen, bestehend aus Schulgebäude und angrenzender Turnhalle, belief sich auf 1.164.000 kWh/a (ohne Nahwärmeverluste), dabei wurde für das Schulgebäude eine Heizleistung von 600 kW und für die Turnhalle von 200 kW benötigt. Der Schulkomplex (Schulgebäude und Turnhalle) wird nun im Nahwärmeverbund versorgt, wobei die Länge des Nahwärmenetzes rund 140 m beträgt. Herzstück des neuen Heizsystems ist ein Holzhackschnitzelkessel der Firma Bioflamm, Typ TRF-RK 340 mit einer Nennleistung von 300 kW bei einem Heizwert von 2,29 kWh/kg. Das Heizsystem kommt auf einen Holzdeckungsgrad von rund 84 %.
Hocheffiziente Solarthermieanlage
Unterstützt wird die Holzhackschnitzlanlage durch eine Solarthermieanlage mit 66 m² hocheffizienten Röhrenkollektoren der Firma Paradigma (8 x Kollektoren STAR XL 19/49P mit je 4,94 m² und 8 x Kollektoren STAR XL 19/33P mit je 3,31 m²). Diese Vakuum-Röhrenkollektoren wandeln das Sonnenlicht mittels absorbierender Schicht in Wärme um. CPC Spiegel reflektieren Strahlen, die zwischen den Röhren aufkommen, zur Licht-abgewandten Seite der Röhren und sorgen zudem dafür, dass dieses Licht immer im optimalen Winkel auf den Absorber trifft. Die Solarkollektoren sorgen für hohe Energieerträge auch in den Übergangszeiten und bei geringer Sonneneinstrahlung im Winter. Der Kalkulation zur Folge wird die Solarthermieanlage 30.000 kWh/a des Wärmebedarfs decken. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass nicht jede produzierte Kilowattstunde auch der Nutzung zugeführt werden kann, da der größte Ertrag in der warmen Jahreszeit erfolgt, zu der nur wenig Wärme benötigt wird. Der Gesamtwärmeertrag liegt bei rund 45.000 kWh/a.
Unterstützung durch Heizkessel und Pufferspeicher
Der Niedertemperatur-Gas-Heizkessel (Viessmann Vitoplex, Typ SX2A) mit 560 kW dient zur Abdeckung der Spitzenlast und wird insbesondere dann benötigt, wenn der Wärmebedarf im Winter besonders hoch ist. Insgesamt soll der Erdgaskessel jedoch nur gut 10 Prozent der Wärmedeckung übernehmen.
Zwei Pufferspeicher mit je 3.250 l Speichervolumen sorgen dafür, dass der Holzkessel möglichst häufig und effizient die Wärmeversorgung übernehmen kann ohne in eine ineffiziente und unsaubere Verbrennung im unteren Teillastbereich zu gehen.
Außerdem kann Dank der großen Speicher die Wärme aus sonnenreichen Zeiten für die Nachtstunden oder weniger sonnenreiche Tage genutzt werden.
Überblick über technische Details:
- Energieträger: Holzhackschnitzel (HHS), Solarthermie
- Heizleistung: HHS-Kessel 300 kW
- Wärmeabnahme (MWh/a): 1.000
- Versorgte Gebäude: Schulkomplex und Turnhalle
- Leitungslänge: 140m
- Heizleistung weiterer Wärmeerzeuger: NT-Gaskessel 560 kW Spitzenlast
- Deckt 90% des gesamten Wärmebedarfs
Empfehlungen
Durch die Einbindung der Solarthermie in das Nahwärmeprojekt wird der Einsatz des regenerativen Energieträgers Holz reduziert. Im Hinblick auf das begrenzte Holzangebot ist auch ein schonungsvoller Umgang mit der Ressource Holz aus Klima- und umweltschutzgründen unabdinglich.