Anlass und Ziele
Ziel der Maßnahmenumsetzung ist eine deutlich effizientere und emissionsärmere Heizwärmeversorgung des Rathauses. Die Umsetzung und die Evaluation der ersten Betriebsjahre soll demonstrieren, dass sowohl die Geowärmeerschließung mit günstigen Materialien als auch die Machbarkeit der Beheizung eines historischen Bestandsgebäudes mit Niedertemperatur möglich ist. Ziel der wissenschaftlichen Begleitung ist die Erfüllung der Anforderungen des Energiekonzepts und der damit verbundenen Klimaschutzziele sowohl bei der Planung als auch bei der Umsetzung. Weiterhin werden die Erkenntnisse aus dem Projekt für weitere Umsetzungen an den geeigneten Altbergbaustandorten im Land aufgearbeitet.
Projektbeschreibung
Das Projekt befindet sich seit Februar 2018 im Betrieb, wobei das Rathaus in Bad Ems das erste historische, öffentliche Gebäude in Rheinland-Pfalz ist, das Erdwärme einsetzt.
Technische Umsetzung der Nutzung der Grubenwasserwärme
Seit 2018 wird im Rathaus der ehemaligen Bergbaustadt Bad Ems Erdwärme zur Wärmeversorgung eingesetzt. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein 1901 als Krankenhaus errichtetes Backsteingebäude aus der Gründerzeit, das nun als erstes historisches und öffentliches Gebäude in Rheinland-Pfalz, mit thermalem Grubenwasser beheizt wird. Dieses fließt mit etwa 35 l/s aus dem etwa 800 m tiefen Bergwerk über den Stadtstolln in den Emsbach.
Die Stadt nutzt den Warmwasserstrom aus dem Stollen zur CO2e-neutralen Beheizung des Rathauses. Dazu wurde im Stadtstolln Bad Ems ein eigens dafür konstruierter Wärmetauscher aus Standardkomponenten des Rohrleitungsbaus integriert. Die hier durch die Grubenwässer aufgenommene Wärme von ganzjährig etwa 25 °C wird über eine Trasse vom Stadtstolln zum Rathaus mittels einer Schrägbohrung im Kreuzungspunkt Bleichstraße/Ludwigsstraße mit anschließender Trassenführung in das Rathaus transportiert. Im Keller des Rathauses wird die Wärme mittels einer Wärmepumpe auf über 50 °C angehoben und zur Beheizung des Rathauses genutzt. Neben der Erschließung der geologischen Wärmepotenziale wurde die Gebäudetechnik und Heizungsanlage des Rathauses zum Teil erneuert und optimiert (hydraulischer Abgleich). Weiterhin werden kontinuierlich bauliche Maßnahmen am Gebäude durchgeführt. Auf diese Weise kann das Gebäude zu über 95 % regenerativ beheizt werden. Das Rathaus nutzt nur einen kleinen Teil des vorhandenen Wärmepotenzials im Grubenwasser und so hat der Stollen ein großes Potenzial, auch weitere Gebäude zu beheizen.
Überblick über technische Details:
Energieträger | Holzhackschnitzel (HHS) |
Heizleistung | zwei HHS-Anlagen je 81kWth (Grundlast) |
Heizleistung weiterer Wärmeerzeuger | zwei Biogas-BHKW 499 kWth und 360 kWth (Spitzenlast) |
Versorgte Gebäude | 18 |
Wissenschaftliche Begleitung
Die wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojektes wird vom Institut für geothermisches Ressourcenmanagement (igem) zusammen mit der Transferstelle Bingen (TSB) mit Förderung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten (MUEEF) durchgeführt.
Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung in der Planungs- und Bauphase ist die Unterstützung der Bauherrin bei der Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren zur Sicherstellung der zielgerechten Umsetzung des Energiekonzepts.
Nach der Inbetriebnahme erfolgt eine Evaluation der Projektergebnisse durch Auswertung von erhobenen Messdaten des Betriebs der Grubenwasserwärmenutzungseinrichtung.
Umfangreiche Einsparungen möglich
Die jährlichen Gesamtendenergiekosten der Liegenschaft liegen bei ca. 50.000 Euro/Jahr. Die reine Einsparung des Primärenergieträgers durch Substitution des Erdgases durch die "kostenlose" Erdwärme (abseits des benötigten Stroms für die Wärmepumpe) liegt bei etwa 15.000 - 20.000 Euro/Jahr. Außerdem wird der zusätzlich benötigte Strom durch Ökostrom bereitgestellt, sodass sehr große CO2-Einsparungen von 75 Tonnen/Jahr resultieren.
Zwischenfazit
Durch laufende Messungen mit Wärmemengenzählern, deren Daten kontinuierlich analysiert und plausibilisiert werden, konnte bereits in den ersten Monaten des Betriebs festgestellt werden, dass die Feinkonzeption des Energiekonzepts erfolgreich war. Die Heizung lief bereits im Probebetrieb (der im Februar in den Regelbetrieb überging) störungsfrei. Die fortwährende Aufnahme der Daten dient weiterhin der Auswertung des Betriebsverhaltens der Anlage und somit der Erfassung möglicher Optimierungspotentiale.
Fotobeschreibungen
- Bild 1 Rathaus: Rathaus der Verbandsgemeinde Bad Ems-das historische Gebäude wurde 1901 als Krankenhaus errichtet. Heute soll es mit Grubenwasserwärme aus einem nahegelegenen ehemaligen Bergwerk versorgt werden.
- Bild 2 Mundloch Stadtstolln: Mundloch des Stadtstollns in Bad Ems: Wo einst Erze gefördert wurden, läuft heute verrohrt unter dem Stollenmundloch warmes Grubenwasser in den Emsbach
- Bild 3 Rösche Stadtstolln: Messungen zur Erkundung des Wärmepotenzials des Grubenwassers im Stadtstolln
- Bild 4 Stadtstolln: Einblick in den Stadtstolln Bad Ems
- Bild 5 Wärmepumpe im Heizungskeller des Rathauses
- Bild 6 Hauptleitungen des Vor- und Rücklaufs im Stadtstolln mit Abzweigung zu Wärmetauscherelement in der Rösche
- Bild 7 Wärmetauscher Verteilerbalken sowie Sicht auf Kupfer-Rohrbündel in der Rösche
- Bild 8 Messung der Grubenwassertemperatur mit Temperaturdatenlogger
- Bild 9 Punktuelle Messung der Grubenwassertemperatur und der Lufttemperatur
- Bild 10 Auswertung der Daten: Gemessene Grubenwasser- und Lufttemperaturen
Empfehlungen
Auszeichnungen und Zertifizierungen
"Klimaaktive Kommune 2018" (bundesweiter Wettbewerb des BMUB)